Es gibt nicht viele Spiele, die einen mit offenem Mund und einer gehörigen Portion Respekt vor dem Werk zurücklassen. Erst recht nicht, wenn das besagte Spiel kein AAA-Big Budget Titel ist. Der Indietitel Pneuma: Breath of Life schafft dies spielend und setzt sogar noch eine Schüppe Niveau und Klasse obendrauf.
In Pneuma: Breath of Life übernimmt man die Rolle eines Gottes, der sich die Welt so gestalten kann, wie er es will. Der Clou an der Sache ist eine philosophische Hintertreppe an der Geschichte. Statt mit Allmacht ausgestattet, ist unser Gott als Alter Ego vergleichbar mit einem Kind, dass die Welt langsam zu verstehen und begreifen versucht. Was sind Farben? Woher kommen diese Formen? Das sind Fragen, die sich ein omnipotentes Wesen am Anfang des Daseins durchaus stellen kann. Die philosophische Auseinandersetzung mit Sein, Leben und Wissen wird durch sehr ironisch gehaltene Monologe unseres Gottes als Rahmenhandlung in das Geschehen implementiert.
Der Charme, den die Feststellungen unserer Gottheit auf den Spieler projizieren ist an den klassischen britischen Humor angelehnt. Sich selber nicht allzu ernst nehmen und Sachverhalte in Frage stellen leicht gewürzt mit Monty Python Situationskomik runden diesen Eindruck hervorragend ab. Dabei wirkt Pneuma aber zu keiner Zeit altbacken oder nervig. Vielmehr beginnt man über die Fragen des Gottes ebenfalls nachzudenken, da man bestimmte Dinge bis dato einfach als gegeben hinnimmt, obwohl diese vielschichtiger sind als man es vermuten könnte. Die Kommentare verlaufen hierbei parallel zum Spielfortschritt, ähnlich eines Dokumentarfilms, nur ohne Morgan Freeman als Voice Over.
Die Rätsel in Pneuma werden ohne den Einsatz von Händen oder Knopfdrücken im Akkord gelöst. Vielmehr sind hier die Augen, also die Sicht oder Betrachtungsweise der Situation, der Schlüssel zur Lösung. Man spricht nicht umsonst davon, dass die Augen das Fenster zur Seele darstellen. Die Rätsel sind mit Augenportalen versehen, die durch den Anblick eine bestimmte Ereigniskette in Gang setzen, die zur Lösung eines Problems herangezogen werden kann. Hier kann man den Zirkelschluss ziehen, dass man das Ziel immer im Auge behalten soll, um erfolgreich zu sein. Dass die Rätsel diesem Aspekt gerecht werden, lässt sich an einem Beispiel im Spiel verdeutlichen. So hebt sich zum Beispiel eine Brücke nur dann, wenn man permanenten Augenkontakt mit ihr hält und dabei rückwärts geht. Geht man aber nach vorne, senkt sich diese Brücke wieder. Hier ist der Trick, dass man rückwärts die Treppe hochlaufen muss, ohne Sichtkontakt.
Man kann sagen, dass die Rätsel in Pneuma so einfach wie effektiv sind. Durch den vorgegebenen Augenkontakt mit der Lösung, lässt man sich automatisch auf das Spielgeschehen ein und wird vom Zuschauer zum Protagonisten der Handlung. Man kann Pneuma: Breath of Life als Myst in High Definition verstehen. Die Umgebung im Spiel wirkt fotorealistisch und kann mit allerlei Licht und Schattenspielereien punkten, die sich organisch und plastisch präsentieren. Hier muss man sich immer vor Augen halten, dass ein Indie Titel dazu in der Lage ist, ein grafischer Augenschmaus auf sehr hohem Niveau zu sein.
Neben zerebraler Stimulanz und grafischen Reizen wird auch das Gehör angesprochen. Die Musik passt sich dem Fortschritt im Spiel an und verändert ihren Klang, sobald man der Lösung eines Problems näher kommt. Die Untermalung setzt dazu auf Wechselspiel mit der situativen Gefühlsregung der Gottheit. Ist dieser glücklich über eine neue Erkenntnis, gewinnt die Musik an Tonfarbe und vice versa.
Pneuma Breath of Life ist ein Titel, der auf vielen Ebenen für ein Erlebnis sorgt. Neben der wunderschönen Optik und den cleveren Rätseln, versprüht das Spiel einen Charme, den man zwar wahrnimmt, ihn aber nicht in Worte fassen kann. Daher ist Pneuma: Breath of Life unser Geheimtipp des Monats.