Wie sieht es nun aber aus, wenn ein Anime von vornherein nur auf Fanservice setzt? Eigentlich wird damit ja das Pferd von hinten aufgezogen. Denn Fanservice ist dazu da, den Fans etwas extra zu bieten. Dazu müssen aber erstmal Fans vorhanden sein, die auch tatsächlich einen Bezug zur Story und den Charakteren aufgebaut haben.
Was passiert, wenn man sich ausschließlich von Fanservice als Aufhänger abhängig macht, zeigt Eiken. Die zweiteilige Anime Adaption des Harem-Mangas findet sich in vielen Top-10-Listen der schlechtesten Anime aller Zeiten wieder. Story und Charaktere sind Skizzen, während Brüste von der Größe von Medizinbällen den Bildschirm ausfüllen und jeglichen Gesetzen der Physik trotzen. Hier hilft nicht einmal die spaßig gemeinte Gainaxing-Skala.
Dass so ein Konzept durchaus trotzdem funktionieren kann, lässt sich am Beispiel von Highschool DxD ablesen. Auch hier erzielen Charaktere wie Rias und Akeno regelmäßig zwei bis zweieinhalb Misty Mays auf der Gainaxing-Skala, während Protagonist Issei lauthals sein Ziel verkündet, Harem-König werden zu wollen. Auf den ersten Blick handelt es sich scheinbar um die gleiche Masche wie bei Eiken, aber Highschool DxD ist mehr, als es den Anschein hat.
Hier wird mit den offensichtlichen Fanservice-Elementen ein erster Anreiz geschaffen und viele Zuschauer waren zunächst überrascht und dann gebannt von der eigentlichen Tiefe der Charaktere und der Fantasy-Welt, die sie bewohnen. Diskussionen über soziale Ungerechtigkeit, philosophische Ansätze im Umgang mit fast ewigem Leben, psychologisches Trauma – allesamt keine Themen, die man unbedingt erwartet, wenn man zum ersten Mal einen Trailer dieses Anime sieht. Das hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass Highschool DxD ursprünglich auf einer Light Novel basiert und nicht auf einem Manga.
Nur weil eine Serie also Fanservice in den Vordergrund stellt, muss sie nicht automatisch schlecht sein. Sie muss nur eine entsprechende Substanz zu bieten haben, die immer noch eine gute Unterhaltung bietet, wenn man an der sexy Fassade kratzt. In diesem Sinne ist Highschool DxD vielleicht die Verkörperung von dem, was Fanservice ist – nämlich dass man mehr sehen will als das, was eine Serie auf den ersten Blick zu sein scheint.
Ab und an trifft man auch auf eine Show, die sich selbst auf die Schippe nehmen kann. Im kürzlich erschienenen Kobayashi-san Chi no Meidoragon lautete der englische Titel zur siebten Folge: „Summer’s Staples! (The Fanservice Episode, Frankly.)“ Viele 12- oder 13-teilige Anime haben zur Mitte hin eine Folge, die einen sommerlichen Strandbesuch abbildet und meist hauptsächlich dazu dient, die weiblichen Charaktere in Bikinis und Badeanzügen zu zeigen. Natürlich ist das hier auch der Fall. Aber in einem sehr episodenhaften Slice-of-Life Anime ist es gerade diese Folge, in der Kobayashi und Tohru eine sehr gehaltvolle Konversation über ihre jeweiligen Familien führen und damit die Vorausschau auf den zentralen Konflikt für das Staffelfinale liefern.
Wo für den Einzelnen dann tatsächlich die Grenze zwischen ausreichend und zu viel Fanservice liegt, ist natürlich auch eine Frage des persönlichen Geschmacks. Manche rollen schon mit den Augen, wenn auch nur ansatzweise ein Nippel zu sehen ist. Richtig unangenehm ist es oft für westliche Sensibilitäten, wenn man sich vor Augen führt, dass viele dieser expliziten Fanservice-Charaktere zum Teil minderjährig sind. Andere denken sich nicht viel dabei und nehmen Fanservice schlicht als einen Bestandteil von Anime-Kultur hin und dann gibt es doch auch diejenigen, die nicht genug bekommen können. Auf jeden Fall ist Fanservice aus Anime eigentlich kaum wegzudenken und kann durchaus positiv als Bestandteil einer Serie wirken wie im Fall von Ranma ½ und Highschool DxD. Aus Fanservice allein lässt sich allerdings kein gutes Anime machen. Dann kommt nur so etwas wie Eiken dabei heraus.
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