2012 erschien mit Dishonored aus den Arkane Studios ein moderner Klassiker des Stealth-Genres. Trotz einiger kleinere Schwächen konnte der Titel in seiner gesamten Präsentation überzeugen und Preise einheimsen. Mit Dishonored 2 wird die Stealth-Erfahrung sogar noch getoppt. Lest unseren Test und erfahrt, in welchen Belangen Teil 2 seinen Vorgänger in den Schatten stellt.
Dishonored spielt einige Jahre nach den Ereignissen des Vorgängers. Die Welt nagt immer noch an den ungelösten Problemen und Hoffnung ist kaum in Sicht. Wir sind nun als Corvo Attano damit beschäftigt, unserer Tochter das Einmaleins der Selbstverteidigung beizubringen. Natürlich ohne uns gegenseitig die Kehle von hinten durchzuschneiden. Auf dem Rückweg in die fürstlichen Gemächer erhalten wir überraschenden und zugleich ungewollten Besuch eines fernen Verwandten. Zumindest ist es das, was die werte Dame mit den Robotern im Gepäck behauptet. Da sich Konflikte nicht mit Worten lösen lassen, wird die Palastgarde getötet – Kopfkürzungen inklusive, und einer der beiden Protagonisten wird in eine leblose Statue verwandelt. Zeit für Gerechtigkeit und Rache!
Was Dishonored 2 positiv von seinem Vorgänger absetzt, ist die Story, die dieses Mal den Spieler involviert. Schließlich geht es um Gerechtigkeit und um das Leben eines geliebten Menschen. Man sieht an diesem Aspekt den Lernprozess, der hinter dem Projekt steht. In der heutigen Zeit müssen Spiele mit einer Story glänzen, die Emotionen beim Spieler hervorruft. Dishonored 2 schafft dies im Gegensatz zum Vorgänger fabelhaft. Erfreulich ist, dass für jeden Protagonisten auch eine Synchronisation vorhanden ist. Denn mit schweigenden Helden kommt einfach nicht das Gefühl auf, welches man bei lebenden Charakteren hat, die ab und an auch mal etwas zu sagen haben.
Die hervorstechendste und auch beste Veränderung im Vergleich zum Vorgänger ist die Spielwelt selbst. Statt Dunwall schleicht und mordet man nun in Karnaca. Diese Stadt wirkt lebhafter und auch vielfältiger als Dunwall. Im Vorgänger hatte man stets das Gefühl, dass alles irgendwie grau und gleich ist. In Dishonored 2 ist die Spielwelt abwechslungsreicher und auch farbenfroher. Die Bevölkerung erscheint lebendiger und vor allen Dingen auch intelligenter. Grobes Fehlverhalten sorgt nicht mehr nur für ein Schulterzucken, sondern kann ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen, wenn Panik ausbricht. Hilfreich ist hier auch die Möglichkeit, Aufgaben in loser Reihenfolge zu erledigen, da das Open-World-Szenario nicht nur zu verschiedenen Spielmöglichkeiten aufruft, sondern auch verschiedene Herangehensweisen zulässt, die einer traditionell designten Standardmission einen exotischen Touch verleihen. Besonders wenn man auf Stealth spielt.
Während in vielen Stealth-Spielen das Element des Schleichens eher ein Alibi darstellt, um sich den begehrten Begriff auf die Spieleverpackung zu klatschen, macht dieses Element in Dishonored 2 Spaß und man wählt von sich aus oftmals die Schleich-Variante, um Ziele auszuschalten. Da die Missionen meist geradlinig sind und spezifische Ziele darstellen, ist es sehr erfrischend zu sehen, dass man in Dishonored 2 zur Erfüllung mehrere Wege gehen kann, die sich einem aber nicht immer sofort erschließen. Gegner agieren nun weitaus differenzierter als im Vorgänger. Einfaches Button Mashing reicht nicht mehr aus, um zu gewinnen. Die Dramatik der eigenen Verwundbarkeit, wird so sehr schön in das Spiel integriert. Denn nichts ist langweiliger als sich den Gegnern in einem Spiel schon zu Beginn überlegen zu fühlen.
Eine fiese Neuerung, besonders für Spieler die auf Kampf setzen, sind die Bloodflies, die nun die Ratten im Spiel ersetzen. Diese sind härter, heimtückischer und weitaus gefährlicher als ihre Nagerpendants. Diese bevölkern sehr schnell einzelne Gebiete, wenn man anfängt alles und jeden zu meucheln. Spielt man auf einem hohen Schwierigkeitsgrad, sollte man daher niemals leichtsinnig auf Mordstour gehen, denn Bloodflies können dem eigenen Leben sehr schnell ein Ende setzen. Neben den herkömmlichen Hieb- und Stichwaffen existieren auch wieder diverse Special Skills, die Feinde dezimieren. Das Problem ist allerdings, dass man spezielle Waffen nur noch auf dem Schwarzmarkt kaufen kann. Das ist problematisch, wenn man in einem Kampf auf diese Waffen angewiesen ist. Denn der jeweilige Schwarzmarkt eines Gebiets ist nicht immer leicht zu finden.
Neuerungen im Gameplay sind nur auf einer Seite der spielbaren Charaktere zu finden. Emily besitzt ein großes Repertoire an Fähigkeiten, die für den Spielverlauf enorm viele Möglichkeiten bieten. Auf Corvos Seite ist allerdings kaum etwas Neues zu finden, hier hat man die alten Fähigkeiten beibehalten und diese ein klein wenig aufgepimpt. Daher könnte man den Corvo-Durchgang im Spiel als eine Art Dishonored 2 unter Dishonored-Spielmechanik sehen, während man mit Emily ein neues Spielgefühl erlebt. Das ist allerdings auch das einzige, wirklich größere Manko im Spiel. Hier und da gibt es zwar ein paar Einbrüche in der Framrate, diese sind aber sehr selten.
Dishonored 2 ist ein beinahe perfektes Spiel geworden. Das steampunkige Ambiente und die verschiedenen Möglichkeiten, das Spiel zu beenden, sorgen für einen langen Spielspaß und Experiementierfreude. Summiert man die einzelnen Spielzeiten auf, so kann man mit circa 22 Stunden pro Durchgang mit jeweils einem Charakter rechnen. Für einen Stealth-Action-Titel ist das ein Pluspunkt. Mit einem Franchise, das sich beständig weiterentwickelt und immer besser wird, darf man sich auf ein mögliches Dishonored 3 jetzt schon freuen.