Turtle Rock Studios, die in Spielerkreisen für ihr Flaggschiff Left 4 Dead bekannt sein dürften, melden sich zurück. Statt einer Übermacht an Zombies heisst es nun Vier gegen das Monster. Mit Evolve soll eine Referenz in Sachen Coop-Multiplayer geschaffen werden.
Bei der Besiedelung fremder Planeten denkt man primär an Aliens, infizierte Kolonisten oder korrupte Organisationen als Hauptproblem. Auf Shear, dem spielbildenden Planeten sieht die Sachlage etwas anders aus; hier haben es die Kolonisten mit richtigen Monstern zu tun, wie man sie klassisch interpretiert. Der Stoff aus dem Alpträume oder Kaiju Filme sind. Um dieser Plage Einhalt gebieten zu können, ist es oberste Priorität ein Anti Monster Squad auf Shear abzusetzen und die Bedrohung durch Teamwork zu eliminieren.
Die Grundprämisse von Evolve ist demnach eine sehr stringente. Jäger gegen Monster und oftmals auch genau anders herum. Dabei übernehmen insgesamt fünf Spieler die vorgegebenen Rollen. Diese verteilen sich wie folgt; eine Person übernimmt den Part des Monsters, während sich die anderen vier Spieler jeweils auf einzelne Klassen aufteilen und das Squad bilden. Hierbei sollte man erwähnen, dass beide Teams nicht zur gleichen Zeit starten, wie es sonst üblich ist. Dem Monster wird ein kleiner Vorsprung gewährt, während die Jäger zu Beginn die Fährte aufnehmen müssen. Aus dramaturgischen Gründen macht diese Entscheidung durchaus Sinn, denn so wird gewährleistet, dass zu Beginn die gleichen Rahmenbedingungen für beide Spielergruppen gegeben sind.
Anhand der Entscheidung für eine Rolle, beginnt sich das Spielprinzip dementsprechend zu entfalten. Zwar spielt man in einem Areal auf einer Map, allerdings sind die Herangehensweisen beider Teams diametraler Natur und reagieren auf die Spielweise des anderen. Spielt man als Monster, ist es ratsam eine gewisse Distanz zwischen sich und dem Squad zu bringen. Dabei muss abgewägt werden, wie man die Distanz als Hilfe einsetzen will. Bewegt man sich schleichend durch die Gegend, hinterlässt man weder Fußspuren noch schreckt man Vögel auf, die die Position des Monsters verraten.
Das Manko dieser Herangehensweise liegt dann im Zeit – sowie Geschwindigkeitsverlust, der das Squad bedrohlich nah an die eigenen Schuppen kommen lässt. Als Monster ist es essentiell, in bestimmten Situationen Aas zu fressen, um die eigene Evolution auf eine weitere Stufe voran zu bringen. Getötete Tiere hinterlassen als unangenehmen Nebeneffekt Kadaver die von den Monsterjägern gesehen werden und gleich als Fährt wahrgenommen werden.
Aus Sicht der Jäger ist die Spielweise interessant anders. Hier stehen Sondierung der Lage und der sehr enge Zusammenhalt im Vordergrund. Um diesen Zusammenhalt zu verstärken ist eine klare Rollenverteilung im Team von großer Bedeutung. Der Fokus liegt hier auf den Vor- sowie Nachteilen der einzelnen Klassen. Die Nachteile werden durch das kooperieren mit den andern Mitspieler ausgeglichen. Die Assault Klasse ist vergleichbar mit Berserkern, die durch großkalibrige Waffen für konstanten Schaden sorgen. Ihr Nachteil liegt in der mangelnden Agilität. Die Medic Klasse besitzt keine großen Waffen, kann aber die gesamte Truppe in Notfällen heilen. Die Support Charaktere können die Truppe situationsbedingt mit Verbesserungen wie Tarnung oder Geschützen ausstatten. Die Trapper Klasse hat eine große Besonderheit, sie kann das Monster mit einer Art Gitter Matrix festsetzen und so den Kampf von einem großen unübersichtlichen Terrain in ein abgegrenztes Gebiet manövrieren, was wiederum der Assault Klasse zu Gute kommt.
Wie man unschwer erkennen kann, sind den Entscheidungsspielräume und taktischen Denkweisen in Evolve fast kaum Grenzen gesetzt. Um diese Taktik von der digitalen Spielwelt direkt auf den Spieler zu übertragen existiert ein weiteres reales Element in Evolve; die Zeit als Gegenspieler. Die Jäger müssen nicht nur gegen ein Monster kämpfen, es gilt zu verhindern, dass das Monster die Evolutionsstufe 3 erreicht. Ist diese Stufe erreicht, ändern sich die Spielparameter gravierend. Hier steht dann nicht mehr die Verfolgung auf der Tagesordnung, vielmehr gilt es kritische Punkt auf der Karte zu schützen, da das Monster diese als neue Ziele bekommt. Ähnlich wie Godzilla und seine Attacken auf japanische Städte.
Action und Nervenkitzel stehen demnach bei Evolve im Vordergrund. Es ist nicht übertrieben wenn man sagen kann, dass jede Spielpartie absolut unvorhersehbar in ihrem Verlauf sowie Ausgang ist. Ein schwaches Team ohne Teamplayer kann zum Beispiel sehr schnell von einem agressiv vorgehenden Monster in kurzer Zeit getötet werden und die Jäger werden somit zu Gejagten. Mit einer richtigen Taktik hingegen, kann das Spiel aber auch in die andere Richtung laufen; da wird ein Monster noch vor dem weiteren Stufenaufstieg durch sinnvolles kooperieren der einzelnen Teammitglieder in die Falle gelockt. Vergleichbar ist eine Runde Evolve daher mit Schach. Gegnerische Züge erahnen und eigene Strategien anhand dieser Überlegungen treffen. Und genau das macht den unglaublichen Reiz bei Evolve aus. Oftmals ertappt man sich dabei, dass es heißt „Eine Runde mache ich noch“ aber dann ist es schon drei Uhr in der früh.
Eine Frage die unweigerlich bei einem 4 gegen 1 Coop Titel aufkommt, ist die Balance zwischen beiden Fraktionen. Hier kann man Entwarnung geben. In Evolve haben beide Gruppen in etwa die gleiche Spieldominanz und Gewichtung. Bei den Jägern ist diese Gewichtung vom Zusammenspiel abhängig, während es bei den Monstern auf die eigenen Präferenzen ankommt. Die drei Monster haben gewisse Unterschiede in ihren Angriffen und Stärken. Der Goliath als erstes Monster ist der Allrounder, der auf Schaden durch Masse setzt und gut springen kann. Allerdings auf Kosten der Schnelligkeit und Subtilität. Dem gegenüber steht das dritte Monster, welches man aber erst freischalten kann, sofern man mit den vorherigen zwei Monstern ausgiebig gespielt hat.
Wraith ist ein Monster dass durch Schnelligkeit und geisterhafte Attacken aus dem Hinterhalt besticht. In einer Verfolgungsjagd haben es Anti-Monster Squads sehr schwer Schritt zu halten. Hier greift dann das ändern der Taktik ins Spiel. Zum Beispiel einen Teamkamerad vorschicken als Lockvogel und dann eine Matrix um das Monster bilden. Durch diese Freiheiten kann jeder Spieler zu einem Helden der Stunde werden. Daher ist es auch sehr sinnvoll, dass Spieler der Jäger über ein Headset verfügen um sich gegenseitig Hinweise zu geben. Ein Kämpfer alleine mit dem Monster in direkter Konfrontation kann sehr schnell sehr böse enden. Hat es dann zufällig den Medic erwischt, bekommt der Begriff „Auf dem Zahnfleisch kriechen“ eine völlig neue Bedeutung.
Neben den Evolutionsstufen der Monster, steigen auch die Jäger nach erfolgreich abgeschlossenen Missionen auf. Durch die Level Up erhalten diese Zugriff auf wirkungsvollere Waffen und ähnliches. Falls hier die primäre Wahl auf die Monsterjäger fällt, sollte man dennoch dazu übergehen, jede Klasse ab und an zu spielen. Das fokussieren auf nur einen Charakter hat den Nachteil, dass man irgendwann gezwungen sein könnte, mit einer sehr schwachen Klasse in ein Spiel zu geraten, dass ein starkes Monster und andere starke Spieler hat. Und da will man ja ungern das fünfte Rad am Wagen sein.
Neben der „Jagd“ als primäres Spielerlebnis, existieren noch vier andere Spielmodi die zum Gefecht einladen. „Verteidigung“, „Rettung“, „Evakuierung“ und „Nest“ erweitern das Spielerlebnis. In „Verteidigung“ gilt es ein ablegendes Raumschiff während des Tankvorgangs zu beschützen und anstürmende Horden von Feinden auszuschalten. Die Tankstation übernimmt hier die Rolle der Basis. Die Jäger haben in diesem Modus zwei Ziele, entweder das Raumschiff solange erfolgreich beschützen, bis es aufgetankt ist, oder aber das Alphamonster erwischen und töten. Aus Sicht des Monsters geht es darum die Generatoren oder die Tankanlage zu zerstören. Vergleichbar ist dieser Spielmodus mit den bekannten Horde Modi aus anderen Titeln.
In „Rettung“ muss ein verloren gegangener Trupp Kolonisten lokalisiert und gerettet werden. Notfalls müssen Wiederbelebungsversuche eingeleitet werden. Nach dem finden gilt es, die Kolonisten zum Rettungsshuttle zu eskortieren. Eine Spielrunde ist dann beendet, wenn aus Sicht des Monsters eine kritische Anzahl an Zivilisten getötet wurde. Die Monsterjäger hingegen dürfen einen Erfolg verbuchen, sofern eine bestimmte Anzahl an Kolonisten gerettet wurde.
„Evakuierung“ ist ein kleines Highlight in Evolve. In diesem Spielmodus wird klar, warum die unterschiedlichen Spiele fast endlose Möglichkeiten zulassen. In Evakuierung werden sämtliche Inhalte wie Maps, Monster, Modi und mehr frei miteinander kombiniert. Daher kann man nie wissen, was einen genau erwartet. Ein Feature von Evakuierung ist die dynamische Kombination der einzelnen Runden. Insgesamt werden fünf Runden gespielt. Jede Entscheidung sowie Sieg oder Niederlage einer Partei, hat direkten Einfluß auf die folgenden zu spielenden Runden. Das können Vorteile als auch Nachteile für die einzelnen Fraktionen sein. Hier sei zu erwähnen, dass es wohl keinen Spieler geben wird, der zu Lebzeiten alle möglichen Kombinationen von Evakuierung jemals zu Gesicht bekommen wird. Über 800.000 mögliche Kombinationen sind eine enorme Hausnummer und daher fast schon eine Lebensaufgabe.
„Nest“ ist der Seek and Destroy Modus. Hier übernehmen die Monsterjäger den Part des Frontalangriffs und sind darauf bedacht, Nester und Eier zu finden, die zerstört werden müssen. Hier endet das Spiel nachdem alle Eier vernichtet wurden.
Nicht nur Multiplayer Afficinados, auch Solisten kommen in Evolve voll auf ihre Kosten. Hauptsächlich ist Evolve zwar als kooperatives Erlebnis ausgelegt und bezieht daher auch seinen enormen Reiz, aber es ist jederzeit möglich das Spiel im Offline Singleplayer zu bestreiten. Nimmt man Evakuierung als Referenz, existiert sogar ein sehr hoher Wiederspielwert.
https://www.youtube.com/watch?v=63BJB9bECB0
Dennoch sollte man auch bei einer Abneigung gegen Online Spielpartien auf diese zugreifen, denn selten war eine Partie Schach nervenaufreibender und spannender als in Evolve.