Blue Estate versteht sich als Prequel zu den Graphic Novels und spielt zu Zeiten von Tony Luciano, seines Zeichens leicht soziopathisch veranlagter Mafia Sohn. Der Don hat es sich nicht nehmen lassen, Tony einen Club anzuvertrauen, der sich The Smoking Barrel nennt und freizügige Damen nebst Nixen sich die Klinke in die Hand geben. Da die italienische Mafia einen Interessenskrieg mit einem Ableger der Triaden führt, kommt es unweigerlich zu Problemen, die darin gipfeln dass Cherry Popz, die beste „Tänzerin“ im Stall, von der Bildfläche verschwindet. Bewaffnet mit Haarsträhne und einer goldenen Desert Eagle geht das Gemetzel los.
Viktor Kalvachev, dieser Name dürfte den wenigsten etwas sagen. Im Bereich der Comics, ist Viktor Kalvachev allerdings kein Unbekannter. So sind einige Comic Cover oder Illustrationen von ihm angefertigt worden, die sich bei DC Comics oder Vertigo wiederfinden. Seine Eigenkreation Blue Estate, ein Graphic Novel dass sich um das Leben der Mafia in Los Angeles dreht, ist mittlerweile so erfolgreich, dass es zu einer Versoftung kam. Eigentlich nicht ungewöhnlich, wäre da nicht der Umstand, dass Blue Estate bis dato das einzige Spiel eines ehemals recht erfolgreichen Genres ist, welches für Kinect wie maßgeschneidert erscheint; der Arcade Railshooter.
Auf Gangster und andere Feinde wird in Blue Estate mit dem Finger geschossen. Da kommen unweigerlich Erinnerungen an Chev Chelios hoch, der genau dies im Showdown zu Crank ebenfalls tat. Spiele dieser Machart sind prädestiniert für Kinect. Das Steuern per Gesten ist eine sehr spaßige Sache, wenn die technische Realisierung sauber umgesetzt wurde. In Blue Estate ist dies der Fall. Kinect erkennt die Handbewegungen und eventuelle Lags oder Verzögerungen sind kaum bemerkbar. Blue Estate wirkt daher zu keiner Zeit wie ein lieblos aufgesetzter Versuch, Kinect doch endlich einmal als sinnvolle Peripherie erscheinen zu lassen.
Dass man sich Gedanken über Kinect gemacht hat, wird deutlich wenn man näher auf das Gameplay eingeht. Hier hat man in cleverer Weise kleine Minispiele eingebaut, die die Routine des Fingerschiessens gelegentlich unterbrechen. Diese Quicktime Events gehen vom Haare aus dem Gesicht wischen, was zu Beginn recht originell ist, bis zur Abwehr von sehr agilen Gangstern. Hierbei bleibt das Spiel konstant fordernd, lässt aber jedem eine faire Chance, erfolgreich Headshots oder Minimissionen erfolgreich abzuschliessen.
Ganz wie in den Arcade Vorbildern geht es darum einen sehr hohen Highscore zu erreichen. Diesen erreicht man durch Comboketten, Headshots und das finden von versteckten Secrets wie Maneki-Neko Statuen (besser bekannt als Winkekatze). Durch den Abschluss eines Levels, wird das nächste Level freigeschaltet. Insgesamt gibt es sieben sehr umfangreiche Missionen, die in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden gespielt werden können. Die höchste Stufe ist mit etwas Fingerspitzengefühl durchaus machbar, auch für Spieler die mit Railshootern nichts anfangen können und hinter jedem Treffer einen Cheap Hit vermuten.
Der Humor ist das Kernelement in Blue Estate. So werden wirklich keine Witze ausgelassen, die auf sexuelle Vorlieben oder Themen hindeuten, die etwas grenzwertig sind. Hier sei erwähnt, dass es aber niemals ins primitiv böse abdriftet, sondern vielmehr mit einem Augenzwinkern zu verstehen ist, zumindest wenn man nicht dauernd wegen irgendetwas beleidigt ist. Das wirklich interessante an Blue Estate ist aber der Grafikstil.
Dieser ist sehr düster, aber gleichzeitig sehr ästhetisch angehaucht. Wenn man ein Fan von sehr speziellen Grafiken oder von grindhouseartigen Graphic Novels ist, kommt man hier voll auf seine Kosten. Am besten sieht man sich dazu die Bilder an, da Erklärungen diesem Stil nicht wirklich gerecht werden. Durch das flüssige und schnelle Gameplay wirkt das gesamte Spiel wie ein Comic in der Ego Perspektive.
Als Reminiszenz an die Ära der Spielhallen gibt es einen Arcademodus, bei dem es traditionell heisst „Töte Gegener, gewinne Zeit“. Hat man es nicht geschafft die Feinde in den vorgegebenen Zeitintervallen auszuschalten, heisst es „Game Over“. Auch in diesem Modus funktioniert die Kinect Unterstützung sehr gut. Eine kleine Information am Rande, Blue Estate lässt sich auch mit dem Controller spielen, was aber weniger Spaß macht, als mit Gestensteuerung durch Kinect. Ebenfalls kann man im sogenannten Couch Coop zusammen ins Feld ziehen.
Für ein Indiespiel ist Blue Estate sehr gut geworden. Flüssiges Gameplay, eine saubere Kinectunterstützung und absurder Humor runden das Gesamtbild zu einer positiven Erfahrung ab.