Ranma ½ für SNES

RetroAktiv

Ranma ½ war für mich persönlich die Einstiegsdroge in Sachen Anime und Manga. Die Geschichte von Mangaka Rumiko Takahashi (InuYasha, Maison Ikkoku)  dreht sich um den jungen Kampfsportler Ranma Saotome aus Tokio. Während einer Trainingsreise mit seinem Vater Genma in China fällt er in eine verfluchte Quelle. Seitdem verwandelt er sich durch kaltes Wasser in ein Mädchen und mittels heißem Wasser zurück in einen Jungen. Weiter wird sein Leben kompliziert durch eine arrangierte Ehe mit Akane, der jüngsten Tochter der Tendo-Familie, in deren Dojo er lebt.

Takahashi vereinte Martial Arts-Action und Romantic Comedy zu einem einzigartigen Mix, der zu ganzen 38 Ausgaben des Mangas, einer Anime-Serie mit 161 Folgen und 13 OVAs sowie zwei Anime-Filmen führte. 2011 wurde Ranma sogar noch als Live Action Special verfilmt.

Nun sollte man meinen, dass ein so erfolgreiches Franchise auch zu einigen Spieletiteln geführt hat. Das hat es in der Tat – allerdings kennt man sie hierzulande kaum. Ganze fünf Titel wurden für den Super Nintendo entwickelt. Kein einziger wurde in Europa veröffentlicht.

Chounai Gekitou Hen war der erste Titel für SNES. Vor allem im Bereich der Moves scheint es allerdings fast so, als ob das Spiel bereits unter einem anderen Label entwickelt wurde, bevor es zu einem Ranma ½ - Spiel ummodelliert wurde.

Chounai Gekitou Hen war der erste Titel für SNES. Vor allem im Bereich der Moves scheint es allerdings fast so, als ob das Spiel bereits unter einem anderen Label entwickelt wurde, bevor es zu einem Ranma ½ – Spiel ummodelliert wurde.

Versetzen wir uns zurück ins Jahr 1992. Die Anime-Serie neigte sich nach drei Jahren im japanischen Fernsehen ihrem Ende zu und war auf dem Höhepunkt ihrer Beliebtheit. Was könnte mit dem Schwerpunkt auf Martial Arts also näher liegen, als auf den Hype aufzuspringen und ein klassisches Beat ‘em up auf den Markt zu bringen?

Mit der offiziellen Lizenz von Shogakukan ausgestattet, entwickelte Masiya (NCS) die beiden Titel Ranma 1/2 – Chounai Gekitou Hen und Bakuretsu Rantou-hen. Beide waren zwar passable Prügelspiele, allerdings weder grafisch noch bezüglich der Steuerung auf der Höhe anderer SNES-Titel.

Bakuretsu Rantou-hen war das einzige Spiel, das außerhalb Japans einen Release bekam. Unter dem Titel Hard Battle war es in den USA zu kriegen.

Bakuretsu Rantou-hen war das einzige Spiel, das außerhalb Japans einen Release bekam. Unter dem Titel Hard Battle war es in den USA erhältlich.

Ab 1993 übernahm ein neuer Entwickler die Lizenz. Rumic Soft schien ganz speziell für die Entwicklung von Ranma ½ – Titeln aus dem Boden gestampft worden zu sein, denn das Studio entwickelte im Ganzen nur vier Spiele, alle basierend auf Takahashis Erfolgsserie.

Rumic Softs Kronjuwel bildet dabei zweifellos Ranma ½ – Chougi Ranbuhen, das dritte und letzte Beat ‘em up für den Super Nintendo. Wie sein direkter Vorgänger sollte es unter dem Namen Super Hard Battle auch einen Release in den USA bekommen. Leider ging der amerikanische Publisher damals unter und daraus wurde nichts.

Chougi Ranbuhen ist das mit Abstand schönste der hier genannten Spiele. Warum Ranma in weiblicher Form allerdings permanent in Unterwäsche kämpft, wird wohl das Geheimnis von Rumic Softs Grafikdesigner bleiben.

Chougi Ranbuhen ist das mit Abstand schönste der hier genannten Spiele. Warum Ranma in weiblicher Form allerdings permanent in Unterwäsche kämpft, wird wohl das Geheimnis von Rumic Softs Grafikdesigner bleiben.

Man sollte sich allerdings nicht davon abschrecken lassen, dass es keine Lokalisierung gibt. Die Story ist bei Beat ‘em ups traditionell sowieso sekundär und die Menüführung ist auf Englisch gehalten. Chougi Ranbuhen hält zwölf Kämpfer bereit, darunter Hauptcharaktere wie Ranma, Akane und Shampoo sowie einige weniger bekannte wie Cheerleaderin Mariko, die nur in zwei Folgen des Anime auftrat, oder Hinako Ninomiya, die erstmals in den OVAs in animierter Form zu sehen war. Grafik- und Sounddesign bringen so viel vom Gefühl des Anime rüber, wie es die Technik ermöglicht.

Jeder Kämpfer fühlt sich anders an und ist mit allen Moves ausgestattet, die auch im Anime und Manga vorkommen. Ranma haut seinen Gegnern mittles Hiryu Shoten Ha einen Tornado um die Ohren, Ryoga sprengt Felsen mit der Bruchstellentechnik und Mousse kämpft mit versteckten Waffen.

Das Spiel hat alles zu bieten, was man von einem Prügelspiel à la Street Fighter II oder King of Fighters erwarten kann: präzise Steuerung, spezifische Kombos für Spezialangriffe und einen Tag Team-Modus. Chougi Ranbuhen ist somit nicht nur etwas für eingefleischte Ranma-Fans, sondern auch für Freunde des Genres allgemein eine Empfehlung wert.

Ein gänzlich anderes Genre bedient Ranma ½ – Ougi Jaanken. Dabei handelt es sich um einen Tetris-Klon. Janken Pon ist die japanische Bezeichnung des Spiels, das man hierzulande gemeinhin als Schere, Stein, Papier kennt. Dementsprechend funktioniert das Spielprinzip. Je nachdem, welchen Charakter man wählt, fallen die Steine schneller oder langsamer. Mittels des Wassereimers, der als einmaliger Joker dient, kann man das Porträt der Charaktere kurzfristig ändern, die in eine der verfluchten Quellen gefallen sind. Kombos führen eine Spezialattacke aus, die dem Gegner das Leben schwerer macht.

Wenig originell. Aber wer an Spielen wie Tetris oder Dr. Mario seine Freude hat, der kann auch mit Ougi Jaanken ein paar kurzweilige Stunden verbringen.

Wenig originell. Aber wer an Spielen wie Tetris oder Dr. Mario seine Freude hat, der kann auch mit Ougi Jaanken ein paar kurzweilige Stunden verbringen.

Den letzten Eintrag in der SNES-Geschichte von Ranma ½ bildet Akaneko-dan teki Hihou. Dabei handelt es sich um ein klassisches J-RPG, das sich vielleicht am besten mit einem Ausdruck wie „Final Fantasy Light“ umschreiben lässt.

Nun ist bei einem Rollenspiel die Story durchaus etwas wichtiger als bei einem Beat ‘em up und Akaneko-dan teki Hihou bekam leider nie einen offiziellen Release außerhalb Japans. Wer nicht des Japanischen mächtig ist, muss trotzdem nicht verzweifeln. Im Jahr 2000 gab es eine Lokalisierung von Fans, die das Spiel unter dem Titel Treasure of the Red Cat Gang ins Englische übersetzt.

Die Story beginnt mit der Entführung Genmas aus dem Tendo Dojo durch die Red Cat Gang. Ranma macht sich daher auf, seinen Vater und die Welt vor einem Dämon zu retten und vielleicht sogar seinen Jusenkyo-Fluch zu brechen. Wie in J-RPGs üblich, können wir verschiedene Mitstreiter für die Party rekrutieren. Neben Ranma selbst sind Akane, Shampoo, Ryoga und später auch Genma und Mousse spielbare Charaktere.

In Akaneko-dan teki Hihou gibt es wenig Abwechslung im linearen Questverlauf. Entweder sind wir auf der eintönig grünen Weltkarte oder in eintönig braunen Dungeons unterwegs. In den vereinzelten Dörfern treffen wir immer wieder auf die gleichen vier Item Shops.

In Akaneko-dan teki Hihou gibt es wenig Abwechslung im linearen Questverlauf. Entweder sind wir auf der eintönig grünen Weltkarte oder in eintönig braunen Dungeons unterwegs. In den vereinzelten Dörfern treffen wir immer wieder auf die gleichen vier Item-Shops.

Da es das einzige Ranma ½-Rollenspiel auf dem SNES ist, hält es für Fans der Serie durchaus einige nette Features bereit. Ein Teil der Story basiert auf Ranmas legendärer Angst vor Katzen. Gleich zu Beginn bekommen wir einen Kessel und einen Eimer Wasser, womit wir die verfluchten Charaktere in ihre alternativen Formen verwandeln können. Außerdem können wir uns mit einigen weiteren Bekannten aus dem Anime und Manga unterhalten.

Als Rollenspiel lässt Akaneko-dan teki Hihou allerdings einiges zu wünschen übrig. Um die Wiederauferstehung des Geisterkönigs der Katzen zu verhindern, brauchen wir ein magisches Artefakt. Um an das Artefakt zu kommen, müssen wir drei in der Welt verstreute Teile finden. Klingt nach einer großen Aufgabe, ist es aber nicht. Das Leveldesign ist fast komplett linear. Ab und an trifft man mal auf einen Abzweig, der eine einzelne Schatztruhe enthält. Das war’s dann aber auch. Nebenquests gibt es keine.

Im Kampf können wir verschiedene Kampftechniken einsetzen. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass wir herausgefunden haben, was diese eigentlich bewirken.

Im Kampf können wir verschiedene Kampftechniken einsetzen. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass wir herausgefunden haben, was diese eigentlich bewirken.

Die Menüführung und Rollenspielelemente sind spartanisch. Attribute dürfen wir nicht manuell steigern. Auch Spezialattacken werden automatisch gelernt. Leider gibt es kein Indiz dafür, wie viele XP noch bis zum nächsten Stufenaufstieg nötig sind. Auch bekommen wir im Spiel keine Erklärung für gelernte Techniken. Fans können vielleicht noch Begriffe wie Kachuu Tenshin Amaguriken oder Hiryuu Shouten Ha zuordnen. Aber um beispielsweise herauszufinden, dass es sich bei Akanes Teate-Technik um einen Heilzauber handelt, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Herumprobieren oder in einem FAQ nachschauen.

Fazit: Die meisten der hier genannten Spiele sind wahrscheinlich nur für eingefleischte Fans von Ranma ½ einen Blick wert. Einzig Chougi Ranbuhen hebt sich von der Masse ab, da es sich auch ohne den Nostalgiefaktor um ein verdammt gutes Beat ‘em up handelt.

Historiker mit einem Faible für Fantasywelten, RPGs, Anime und MLP.