Vor 25 Jahren, genauer gesagt 1993 erschien ein Kultklassiker der RPG-Spielewelt auf dem SNES. Romancing SaGa 2 stand bereit und krempelte die bis dato herrschende Spielmechanik in RPGs ordentlich um. Nun ist diese kleine Perle auch für die Next-Gen-Konsolen erschienen und wir haben nach gefühlten 400 Spielstunden den Test für euch.
Romancing SaGa 2 geht gleich zu Beginn des Spiels schon vollkommen neue Wege. Während die Retro-RPGs oft mit der eigenen Truppe im Kampf beginnen, startet Romancing SaGa 2 mit einem Barden, der eine Laudatio auf unsere noch zu spielende Geschichte zum Besten gibt. Diese kurze Sequenz lässt in euch ein Gefühl von Sehnsucht nach Abenteuer aufkeimen. Denn was gibt es Faszinierenderes als Zeitreisen, Vergangenheit, Zukunft und das eigene Leben mit all seinen Errungenschaften? Daher verwundert es nicht, dass ihr nicht die ganze Zeit über nur einen Helden spielt. Vielmehr durchlauft ihr die Lebensgeschichte verschiedener Generationen. Quasi die Vergänglichkeit des Lebens in einem RPG.
Diese Spielmechanik mag heute etwas Selbstverständliches darstellen, aber vor über 20 Jahren war dies ein mutiger Schritt, da RPGs zu diesem Zeitpunkt bestimmten Mechaniken unterlagen. Man kann hier auch festhalten, dass diese Art der spielerischen Immersion für einige Spieler unpersönlich anmuten könnte. Denn man verbindet sich hier nicht emotional mit den Helden, die man von Anfang bis Ende begleitet, als vielmehr mit dem Spiel selber.
Das Ziel in der Story von Romancing SaGa 2 ist es, sieben ehemalige Helden, die nun zur dunklen Seite gewechselt sind, zu besiegen. So soll die Ordnung im Land wiederhergestellt werden. Formal eine Standard-Story für jeden Kenner der Materie – durch das interessante Spielsystem allerdings zu keiner Zeit wirklich langweilig. Stirbt zum Beispiel die eigene Spielfigur, darf man mit dem Nachfolger in die Schlacht ziehen. Dieser Nachfolger besitzt alle bis dato freigespielten Fähigkeiten des Vorgängers. Daran erkennt man, dass Romancing SaGa 2 sich vom niedlichen Final-Fantasy-Flair abgekapselt hat und eher den erwachsenen Weg einschlägt.
Problematisch hingegen ist der Einstieg in das Spiel. Wir haben es nicht mit einem klassischen RPG zu tun, bei dem man zu Beginn noch an die Hand genommen wird. Das Spiel erklärt seine Mechaniken in keiner Weise. Daher ist zu Beginn Vorsicht geboten. Ist man leichtsinnig, weil man dem Trugschluss erliegt, gefallene Teamkameraden in der Taverne wieder zu reanimieren, wird man eines Besseren belehrt. Manche Charaktere können nur eine begrenzte Anzahl an Toden erdulden, bevor sie für immer aus der Geschichte ausscheiden. Kritisch ist das in Dungeons mit vielen Kämpfen. Besonders wenn die Taktik auf eine volle Party ausgelegt ist und nun ein oder mehr Figuren fehlen.
Daher ist es unabdingbar, dass man zu Beginn des Spiels, sobald es in das Schloss geht, mit allen dortigen Figuren das Gespräch sucht. Denn so entfaltet sich die Schönheit des Spiels. Es gibt nämlich auch Mikromanagement zu berücksichtigen. Zum Beispiel besitzt man als Adeliger einen enormen Fundus an finanziellen Möglichkeiten, von denen man sich immer etwas abzweigen kann um sich Ausrüstung zu kaufen. Allerdings ist dieses Budget nicht unendlich, denn wir sind ja keine Gelddruckerei. Das macht das Spiel zwar schwerer als nötig, aber es macht Spaß, die Möglichkeiten maximal auszuschöpfen.
Wer bei Romancing SaGa 2 weiträumige Flächen wie in den Final-Fantasy-Titeln erwartet, wird leider enttäuscht. Die Welt wird in einzelne Zonen aufgeteilt, die man anwählen kann und die man dann automatisch erreicht. Ganz ohne Zufallskämpfe in Wäldern und Gebüschen. Auf der einen Seite erspart man sich so Frustrationen aufgrund der Random Encounter, aber es engt die Abenteuerlust etwas ein. Zufällige Kämpfe existieren nicht. Alle in einem Gebiet auftretenden Feinde, werden als Sprites dargestellt – inklusive eines festgelegten Bewegungsmusters, welches es zu studieren gilt. So kann man bestimmten Feinden dezent aus dem Weg gehen oder sie von hinten überraschen und sich einen Vorteil verschaffen.
Erfolg verspricht hier primär eine gute Taktik und das Austarieren, in welcher Reihenfolge man die Gegner besiegen sollte. Hier empfiehlt es sich, erst diejenigen zu attackieren, die man mit normalen Waffen schlagen kann und die keiner großen Taktik bedürfen. Danach sollte man sich um diejenigen kümmern, die ein spezielles Vorgehen erfordern. Banal auf dem Papier, aber im Spiel sehr angenehm umgesetzt.
Ich bin Square Enix dankbar dafür, dass ich endlich die Möglichkeit habe, eine Rollenspielperle aus einer Zeit spielen zu können, in der ich mich nicht wirklich für RPGs interessiert habe. Ich habe definitiv etwas verpasst.
Romancing SaGa 2 ist ein traditionelles RPG, das mit einigen Feinheiten und einer erwachsenen Spielmechanik aufwartet und so aus der breiten Masse hervorsticht. Man kann nur hoffen, dass Square Enix auch bei anderen Titeln als dem Retro-Katalog dazu übergehen wird, diese auf den aktuellen Konsolen zu veröffentlichen. Wer ein wirklich tief gehendes Rollenspiel spielen möchte und dazu noch Retro-affin ist, sollte sich Romancing SaGa 2 auf den Must Have Zettel schreiben.