Die Silent Hill Reihe blickt auf eine sehr lange Tradition mal mehr, mal weniger erfolgreicher Serienvertreter zurück. Dem Zeitgeist entsprechend entwickelte sich die Silent Hill Serie vom einstigen Terrorkino tendenziell in Richtung Action, welche mit Silent Hill: Homecoming ihren Höhepunkt fand. Damit befindet sich Silent Hill ähnlich wie der Konkurrent Resident Evil aus dem Hause Capcom in bester Gesellschaft. Dass die Mixtur „Action statt Ausweichen“ allerdings nicht auf vollsten Fansupport traf, ließ nun auch Konami umdenken und so dürfen sich Serienveteranen freuen, dass mit Silent Hill Downpour endlich wieder ein Silent Hill Titel seinen Weg in die heimischen Konsolen findet, der auf cleveres und düsteres Ambiente setzt und ganz nebenbei die Action wohl dosiert auf Zwischensequenzen und wichtige Rahmenhandlungen reduziert.
Vom urbanen Gefängnis in urbanen Seelenknast
In Silent Hill Downpour begleiten wir den Häftling Murphy auf seinem letzten Gang. Erurteilt für ein sehr vages Verbrechen, steht die Zwangsverlegung in einen anderen Knast an. Auf dem Weg dorthin, gerät der Transport kurz vor dem beschaulichen Örtchen Silent Hill von der Fahrbahn ab und Murphy erwacht alleine in einer verklärten Welt, die ihn vor eine Entscheidung stellt; Leben oder Tod.
Die Einleitung zu Silent Hill ist dieses Mal nicht zu verwechseln mit einem Werbetext oder PR Konstruktionen, denn die Entscheidungsfindung, wie wir sie aus dutzenden SAW Filmen kennen, ist das tragende Element im neuesten Silent Hill Ableger. So wird der Ausgang des Abenteuers dadurch bestimmt, wie Murphy auf bestimmte Situationen reagiert und diese löst. Hierbei steht man als Spieler vor mehreren Auswahlmöglichkeiten, die sich aufteilen in „Wise Choice“ und „ You choose poorly“ (Indiana Jones Fans wissen Bescheid). Genau diese Thematik wurde in vorherigen Silent Hill Titeln kurz angerissen in Form von möglichen gescripteten Events. Man erinnere sich hier nur an Silent Hill: Origins, wo der Spieler gleich zu Beginn ein Mädchen aus einem brennenden Haus retten und somit am Ende die faire Chance erhält, den Ort Silent Hill trotz seelischer Komplikationen zu verlassen. Ein moralischer Kompass also, der dafür sorgt dass im neuen Silent Hill verschiedene Spielertypen ihre Freude haben werden.
Kampfgestählt und weggelaufen
Trotz der Tatsache, dass es sich bei Murphy um einen Verbrecher handelt, stellt sich die Frage des Kampfes eher sekundär. Kämpfe wirken dank der Steuerung recht gefährlich und unberechenbar für das Wohl unseres Antihelden. Hier kann man Konami ein Lob aussprechen, denn so verkommt besagtes Abenteuer eben nicht zum obligatorischen „Gib mir eine Mistgabel und ich räucher die ganze Stadt aus“ Actionfest. Ganz im Gegenteil, Kämpfe lohnen sich nur, wenn man schon taktisch einsehen kann, dass man als Gewinner aus diesem hervorgeht. Erschwerend hinzu kommt ebenfalls die Abnutzungserscheinung bei Waffen, die recht schnell zerbrechen oder kaputt gehen. Ein Umstand den ich nur in Silent Hill sowie Fallout Spielen gelten lasse und vollstens akzeptieren kann.
Während man in anderen Spielen oftmals den Gegner unter Dauerbeschlag vernichten muss, dienen die Waffen in Silent Hill Downpour nur einem Ziel, dem Zeiterkaufen. Man kann sich dies wie folgt vorstellen. Man will als Spieler von einem Punkt zu einem anderen Punkt rennen, auf halbem Weg befinden sich Feinde, die schon ihre Krallen spitzen und wir haben nur ein Vierkantholz am Start. Was also tun um ins rettende Ziel zu gelangen? Richtig man drischt einmal mit dem Holz auf die Gegner ein, dass diese kurz paralisiert sind und rennt um sein Leben. In Silent Hill Downpour macht diese Art der Kriegsführung Spaß, da man selbst als eher ungeübter Spieler auf einem hohen Schwierigkeitsgrad bestehen kann. Ein Privileg welches nicht viele Titel zulassen.
Schemen im Nebel der Niedertracht
Silent Hill war noch nie durch bunten Grafikklimmbimm berüchtigt. Wichtigstes Merkmal ist hier der effektiv und gut eingesetzte Nebel, der gerade in neueren Vertretern dank besserer grafischer Möglichkeiten tatsächlich dem Verstand oftmals einen Streich spielt, da man einen Feind vermutet, wo in Realität nur eine abgeranzte Telefonzelle steht, die dann im vorbeilaufen aber trotzdem boshaft klingelt. Diese Tradition wird mit Downpour konsequent fortgesetzt und um gewisse reifere Zusätze erweitert. So wirkt der Nebel doch mitunter recht plastisch und die Stadt Silent Hill wirkt nicht nur sporadisch teuflisch sondern organisch eklig, ohne dabei allzu sehr auf wässrige Beulen und Ekzeme der Gebäudestrukturen zu setzen.
Das Terrorkino, welches in Silent Hill 2 dank wirklich niederschmetternder Erkenntnisse, den Spieler in eine Katharsis führten, findet sich ebenfalls in Downpour wieder. Man darf nicht zu viel verraten, nur sollte man der Story tatsächlich folgen und diese auch verstehen, denn sonst kann es sein, dass eine bestimmte falsche Entscheidung zu einem eher ungewohnten Ende führen kann. Auch wenn es in der heutigen Zeit fast schon einem Paradigmenwechsel gleich kommt, die Chips nicht anzurühren und stattdessen ehrfürchtig einem Storytelling zu lauschen, sei dies hier wärmstens empfohlen. Alleine schon deshalb, um die berühmt berüchtigten Silent Hill Endings alle sehen zu können.
Anhand der multiplen Endings neben den verschiedenen Möglichkeiten, dem Terror zu begegnen, darf man sich auf einen recht hohen Wiederspielwert freuen. Nur als Beispiel erwähnt, sei das geheime Ende, welches man nur erreichen kann, sofern man das Hauptspiel vorher schon einmal abgeschlossen hat.