Szenario Nr. 5: Das Militär taucht auf
Mit freundlicher Unterstützung und Inspiration von Philipp Malina
Nicht selten merken Fans an, dass die wirkliche Gefahr bei The Walking Dead nicht von den Walkern ausgeht, sondern von den anderen Überlebenden. Obwohl sich Ricks Gruppe eine dicke Mauer aus Misstrauen aufgebaut hat, gerieten sie in die Fänge von Negan, der seine Untertanen mit diktatorischen Maßnahmen anführt. Doch auch Rick selbst hat sich, genau wie seine Freunde, den Umständen der postapokalyptischen Welt angepasst und Dinge getan, auf die er nicht stolz ist.
Zu Beginn der ersten Staffel hoffen die Überlebenden aus Atlanta noch auf eine Rettung durch die Regierung oder dem was davon übrig geblieben ist. Dass die zivilisierten und militärischen Strukturen einer gemeinschaftlichen Lebensform nicht mehr existieren, wird bereits mit dem leerstehenden Panzer angedeutet, den Rick in Staffel 1 findet. Schnell begreift die Gruppe, dass sie auf sich allein gestellt ist und sich in einer von Gesetzen befreiten Welt anarchistischer Methoden bedienen darf, um das eigene Überleben zu sichern.
Bei der Ankunft in Alexandria in Staffel 5 appelliert Rick an Deanna, dass eine zivilisierte Gemeinschaft auch innerhalb der Stadtgrenzen nie mehr möglich sein wird. Stehen sich Ricks und Deannas Moralvorstellungen anfangs noch gegenüber, als könne der Zuschauer selbst entscheiden wer von beiden Recht hat, belehrt uns die Serie bald darauf eines Besseren: Beißer sowie die „Wölfe“ dringen in Alexandria ein und lösen die trügerische Sicherheit in Luft auf. Die Bewohner Alexandrias täten gut daran, den Umgang mit Schusswaffen zu lernen – ganz so, wie es Rick prophezeit hat.
Die Aussage dahinter: Die Ereignisse haben Rick und sein Gefolge nicht nur nachhaltig geprägt, sondern für immer zu anderen Menschen gemacht. Während uns die Serienmacher demonstrieren, dass es in dieser Welt nie mehr Sicherheit geben kann, fragen sich die Zuschauer, ob die Überlebenden womöglich gar nicht mehr in der Lage sein werden, sich einem mit Regeln behafteten politischen System zu unterwerfen, selbst wenn es eines Tages keine Bedrohung mehr gäbe, etwa weil die Beißer ausgerottet worden sind. Schließlich bedeutet das neue Leben auch eine gewisse Freiheit, die Menschen wie Daryl nicht mehr missen wollen, der in Alexandria selbst auf Annehmlichkeiten wie eine warme Dusche verzichtet. Zu tun und zu lassen, was man will, den eigenen Gesetzen zu folgen, über Leben und Tod zu bestimmen ohne Konsequenzen zu befürchten ist reizvoll, auch wenn die Gruppe dafür einen hohen Preis bezahlt, indem sie täglich um ihr eigenes Überleben fürchten muss. Doch was passiert, wenn sie gegen ihren Willen einem neuen System unterworfen werden?
Wie wir bereits im Intro dieses Artikels festgestellt haben, kann Negan in seiner Rolle als Bösewicht nicht mehr übertroffen werden. Außer vielleicht, wenn er es gleich mit einem kompletten Regime zu tun bekommt. Zum Finale von Staffel 7 wird ein Krieg angekündigt. Viele Zuschauer hoffen oder erwarten sogar, dass es Rick gelingen wird, Negan zu töten und seine diktatorische Gruppierung zu stürzen. Doch was, wenn sich die Überlebenden geirrt haben, und sich die letzten Überbleibsel einer zivilisierten Ordnung längst neu formiert haben?
Während des Krieges in Staffel 8 könnten die Überlebenden von Panzern überrascht werden und das Unvorstellbare erleben: Weit entfernt von den Schauplätzen in The Walking Dead haben sich überlebende Politiker, Soldaten, Anwälte und Polizisten zu einer neuen Regierung zusammengeschlossen, um den Grundstein für die Neuen Vereinigten Staaten zu legen. Der anarchistisch anmutende Mikrokosmos der Überlebenden um Rick, Negan & Co. würde binnen Sekunden zusammenbrechen. Ähnlich wie in Herr der Fliegen, einem Klassiker der englischsprachigen Literatur, müssten sich die Überlebenden in The Walking Dead ganz plötzlich wieder Gesetzen und Regeln unterwerfen, nachdem es ihnen nicht gelungen ist, zivilisatorische Maßnahmen aufrecht zu erhalten.
Dieses Szenario bietet fast unzählig viele spannende Möglichkeiten und würde für die Serie eine 180-Grad-Wende bedeuten. Die Oberhäupter der neuen Ordnung könnten mit den Überlebenden stundenlange Verhöre durchführen und durch Folter Geständnisse erwirken, um die ungesühnten Straftaten von Rick und den anderen zu offenbaren. Negan, der vollständig seiner Macht enthoben wurde, könnte sich unter den veränderten Umständen zu einem ganz anderen Charakter entwickeln und die Konsequenzen für seine Gräueltaten zu spüren bekommen.
Denkbar wäre auch ein Regime wie in der Tribute von Panem-Reihe, wo das Kapitol die Bevölkerung in Distrikte einteilt und die Heranwachsenden in sogenannten „Hungerspielen“ kämpfen lässt. Spannend wäre eine Variante, in der Rick und Negan gegeneinander in einem Spiel antreten, wobei nur einer von beiden überleben kann – selbstverständlich in einer mit Beißern und anderen Gefahren gespickten Arena.
Damit The Walking Dead wieder spannend wird, muss etwas passieren, mit dem nur die wenigsten Zuschauer rechnen und das die Serie radikal in eine andere Bahn lenkt. Wir sind gespannt, was sich die Macher der Serie für die achte Staffel im Oktober einfallen lassen. Bis dahin vertreibt ihr euch die Zeit mit dem bald erscheinenden zweiten Teil unseres großen The Walking Dead-Specials, in dem wir spekulieren, wie die Serie eines Tages enden könnte.