Frage: Was haben ein Historiker aus Deutschland, ein Versicherungsvertreter aus England und ein Informatikprofessor aus Dänemark gemeinsam? Antwort: Einmal im Jahr kommen sie nach Ludwigsburg, schmeißen sich in Schale, um auf dem Gala Ball das Tanzbein zu schwingen und diskutieren die ganze Nacht angeregt über farbenfrohe Ponys.
Bronies – so bezeichnet man meist die unerwartete Fangemeinde, die von der amerikanisch/kanadischen Cartoonserie My Little Pony : Friendship is Magic hervorgebracht wurde. Auf die Frage, wie man denn zur Show gekommen sei, erhielt ich von vielen Besuchern eine auffallend ähnliche Antwort. Man versetze sich zurück ins Jahr 2012. Im Jahr zuvor war die Neuauflage von My Little Pony – teilweise als Generation 4 bezeichnet – unter der Federführung von Lauren Faust (Powerpuff Girls, Foster’s Haus für Fantasiefreunde) zum ersten Mal auf dem Hub Network gelaufen. Schnell entwickelten sich Bilder und Clips der Show zu einem Internetphänomen.
Die zweite große Welle von Bronies sah diese Memes und zuckte mit einer Augenbraue. Manch einer erinnerte sich sogar an die kitschige Zeichentrickserie aus den 80er Jahren, die eigentlich nichts anderes war als eine halbstündige Werbesendung für die Spielzeuge. Das sollte die gleiche Marke sein? Man durchstöberte also die Weiten des Internets und sah sich die Premiere an. Die Doppelfolge hatte zwar noch ihre Ecken und Kanten, ließ aber bereits erahnen, dass es sich hier um etwas mehr handeln könnte.
Nun, wer kann schon eine Serie anhand von nur zwei Folgen beurteilen? Also schaute man sich eine weitere Folge an, und noch eine weitere, und gleich noch eine. Bevor man wusste wie einem geschah, hatte man sich in die kreative Fantasywelt, die Story und die multidimensionalen Charaktere verliebt und stöhnte auf, als einem bewusst wurde, dass man von nun an jeweils eine Woche auf die nächste Folge warten musste.
Mittlerweile umfasst Friendship is Magic sieben Staffeln der Serie, vier Spin-Off Filme unter dem Label Equestria Girls und ab Herbst einen groß angelegten Kinofilm. Die GalaCon, die am 29. und 30. Juli bereits zum sechsten Mal stattfand, erblickte im Jahr 2012 das Licht der Welt als europäisches Pendant zur größten amerikanischen MLP-Convention BronyCon.
Der Name leitet sich dabei aus dem Finale der ersten Staffel der Show ab. Der Gala Ball ist das Herzstück der Convention in Ludwigsburg. Großartige Live-Musik lädt in gehobener Atmosphäre zum Tanzen ein. Wer sich nicht an den strengen Dresscode der Gala halten wollte, der konnte es auf der Gala Party etwas lockerer angehen und sich dort amüsieren.
Obwohl die Gala am Samstagabend zweifellos das Highlight war, wurde an den beiden Tagen natürlich noch viel mehr geboten. Auf zwei Etagen stellten Künstler, Musiker und Näher ihre Fankreationen zur Schau und zum Verkauf.
Besonders die große Anzahl an selbstgemachten Plüschtieren war eindrucksvoll. Sechs bis 24 Stunden Handarbeit können dabei in jedem einzelnen Unikat stecken und die besten sind dementsprechend teuer. Aber Bronies geht es selten ums Geld. Das merkte man auch an der Charity Auction der Initiative Bronies For Good, die fleißig Spendengelder für verschiedenste Tierschutzorganisationen sammelte.
Eine Convention lebt natürlich auch von ihren Stargästen, und davon gab es einige. Gleich mehrere Synchronsprecher waren zu Gast: Ashleigh Ball (Stimme von Applejack und Rainbow Dash), Kazumi Evans (Gesangsstimme von Rarity und Luna sowie Stimme von Adagio Dazzle in Rainbow Rocks), Michelle Creber (Stimme von Apple Bloom sowie Gesangsstimme von Sweetie Belle) und Gabriel Brown (diverse Gesangsstimmen). Von der Produktionsseite hatten Regisseur „Big Jim“ Miller sowie Regieassistentin und Storyboard Artist Katrina Hadley die lange Reise aus Kanada auf sich genommen.
Im Interview mit Michelle Creber und Gabriel Brown erfuhr ich ein wenig mehr über den musikalischen Hintergrund der beiden. Beide hatten jeweils ihre Eltern mitgebracht und zusammen sorgten zwei Familien begnadeter Musiker für Unterhaltung während des Gala Balls. Erst kürzlich hatte William Shatner – bekannt als Captain Kirk aus Star Trek – eine Gastrolle in My Little Pony und spielte dabei Apple Bloom’s Großvater. Michelle erzählte mir, wie überrascht sie war, als die Folge ausgestrahlt wurde, denn viele Gastsprecher sind während der Tonaufnahmen nicht vor Ort und sprechen ihre Texte anderswo ein. Mit einem Lachen berichtete sie: „Es war irgendwie eine verrückte Erfahrung, die Credits zu sehen. Ashleigh Ball, Michelle Creber und dann irgendwo unten William Shatner. Ich habe das Gefühl, mein Name sollte nicht über dem von William Shatner stehen.“
Gabe, der im Musikcorps der US Navy diente und bereits vor seinem Engagement als Background Sänger ein Fan der Show war, lernte sie erstmals im Jahr 2013 über einen gemeinsamen Freund in der Brony Community kennen. Ihren ersten gemeinsamen Song, eine Coverversion von Michael Jackson’s Beat It, nahmen die beiden auf, ohne sich je persönlich getroffen zu haben. Später in diesem Jahr trafen sie sich auf der BronyCon, wo sie nach nur drei Stunden ihren ersten Liveauftritt zusammen absolvierten. Seitdem machen sie zusammen Musik. Erst letztes Jahr erschien das gemeinsame Album Getting Stronger.
An dieser Stelle ein großes Dankeschön an meine Kollegen Jaster und Andromeda von BronyRadioGermany, die mit mir zusammen das Interview führten. Das Interview in voller Länge gibt’s dann demnächst bei BronyRadioGermany im Stream zu hören. Haltet die Ohren danach offen.
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