Die Doomsday Clock zeigt eine Minute nach Zwölf. Nun liegt es an uns, die Welt ein letztes Mal aus den Klauen der Invasoren zurück zu erobern. XCOM 2 macht aus Underdogs knallharter Kämpfer für die Gerechtigkeit.
Trotz unseres Bemühens zur Rettung der Welt im Jahre 2015 hat es die Menschheit nicht geschafft sich zu vereinen und fiel kurze Zeit später den außerirdischen Invasoren in die Hände, die die Gunst der Stunde nur abwarteten um zuzuschlagen. Wie ein Pyrrhussieg erschienen unsere Versuche, damals die Welt zu retten. Nun, ganze 20 Jahre später im Jahr 2035, haben sich die außerirdischen Besatzer mit den noch lebenden Menschen arrangiert und ein neues Zeitalter eröffnet. Unter der Führung des ADVENT Regimes gelten die XCOM als Terroristen die mit voller Härte des Aliengesetz zu befürchten haben, sofern sie gefangen werden. Ehemalige Freunde und Nationen haben das einst so prestigeträchtige und hoffnungsgebende XCOM-Projekt verraten. Durch eine stetige Propagandamaschinerie der Aliens werden diese als Heilsbringer gesehen. Big Brother lässt grüßen, Neusprech inklusive.
Auch wenn die Story ein klein wenig wie Akte X auf Speed erscheinen mag, sollte man sich nicht täuschen lassen, denn in XCOM 2 ist alles besser, schneller und tiefer, als man es je für möglich gehalten hat. Nach wie vor teilt sich das Spiel in zwei Spielmodi die man beide recht schnell erlernen sollte wenn man noch eine Chance gegen die Invasoren haben will. Auf der Makromanagement-Ebene steht immer das Ausstaffieren einer Basis im Vordergrund, dazu sinnvolle Gadgets erforschen und die eigene Technik zu verbessern, um halbwegs mit den Aliens auf Augenhöhe zu sein. Dieser Spielebene merkt man direkt an, dass sehr viel Engagement und Verbesserung in das Konzept geflossen sind, aber auch Kritik beherzigt wurde. Im direkten Vergleich zum Vorgänger spielt sich das Management in XCOM 2 fast schon wie ein eigenständiges Spiel. Entscheidungen sind hier nicht nur rudimentär oder oberflächlich angesiedelt, sondern vielmehr Kernelemente die jetzt entscheiden, wie ein Kampf wohl ausgehen wird.
Die Entscheidungsvielfalt und Herangehensweise beschränkt sich jedoch nicht nur auf Waffen und Forschung, vielmehr muss die Basis von XCOM in das Geschehen involviert werden. Die Aliens sind nicht dumm und versuchen in unregelmäßigen Abständen die Basis aufzuspüren und zu vernichten. Damit dies nicht passiert, muss man mit der Basis zu bestimmten Safe Zonen auf der Welt fliegen, an denen man kurzfristig sicher ist. Ein Konzept welches selbst auf der passiven Management-Ebene für Gänsehaut und Adrenalin-Ausbrüche sorgt. Hierbei zeigt sich auch, dass es seitens der Entwickler eine sehr gute Idee war, den Release um knapp ein halbes Jahr zu verschieben. Dennoch müssen wir festhalten, dass Entscheidungen das ein oder andere Mal auch überwältigend sein können – dank des Tiefgangs und der damit verbundenen Konsequenzen. Schließlich gibt es Ressourcen nicht im Überfluss und die Aliens sitzen einem im Nacken.
Im Gegensatz zu anderen Titeln, in denen moralische Spielentscheidungen lediglich kosmetischer Natur sind und zugleich mehr versprechen als sie halten, ist die Lage in XCOM 2 anders. Zwar hat man nicht mehr das bekannte Staatenkonstrukt wie man es gewohnt ist, aber auch hier muss man sich entscheiden, wem man vorrangig hilft und warum. Denn man kann nicht zugleich an mehreren Krisenherden agieren, da die eigenen Rohstoffe und Ressourcen sehr sinnvoll und sparsam eingesetzt werden müssen. Ob die jeweilige Entscheidung langfristig die bessere war, wird sich am Ende zeigen.
Im zweiten Spielmodus zeigt sich dann, ob sämtliche Taktiken und Ausrüstungsverteilungen sinnvoll waren oder ob es heißt, zurück in die Kaserne. Anders als noch in den Vorgängern können in einem Squad nun fünf verschiedene Kampfklassen ausgewählt werden. Neben den bekannten Klassen wie Sniper, Heavy, Support und Assault ist es nun zu Beginn möglich auch einen Psi Op in die Gruppe zu stecken. Vorher konnte man Psi Ops nur durch Training erhalten und dann auch nur mit einer großen Portion Glück. Der Einsatz von Psi Ops sorgt für ein breiteres Spektrum an taktischen Möglichkeiten. Wer hier außerhalb der eigenen Vorstellungskraft agiert, kann so einen Kampf auf Augenhöhe erleben. Und es ist auch machbar, dass eine sehr schwere Mission durch das geschickte Interagieren der Klassen zu einem Sonntagsspaziergang wird.
Die Maps auf denen sich der Krieg Alien vs Mensch abspielt sind von ihrer Aufmachung her interaktiver als noch in den Vorgängern. Statt nur auf Deckung zu setzen, kann man auch diverse Gadgets hacken, die dann zum eigenen Team gehören. Sentry Guns zum Beispiel. Als absolutes Sahnestück in XCOM 2 darf man wohl die rundenbasierenden Kämpfe bezeichnen. Durch die enge Beziehung zu den Charakteren (es stecken mehrere Stunden Erfahrung und Training in diesen) fühlt man sich hundeelend, sobald man durch einen dummen Fehler ein oder mehrere Mitglieder des Teams verliert.
Die taktischen Vorgehensweisen sind ein absoluter Hochgenuss, denn gerade hier zeigt sich die Stärke eines wirklich gut konzeptionierten Strategie-Spiels wie XCOM. Man kann mehrere Stunden an einer Mission sitzen bevor es zum Sieg kommt und trotzdem ist der gesamte Prozess niemals langweilig. Hut ab Firaxis, hier wurde hervorragende Arbeit geleistet. In einigen Situationen zeigt sich, dass der taktische Rückzug ebenfalls in Erwägung gezogen werden kann um zu gewinnen oder um zu überleben. Anders als in den Vorgängern hat man teilweise die Möglichkeit einen taktisch Rückzug zu befehligen, sofern das eigene Team bedrohlich nahe an der Auslöschung steht. Sind ein oder mehrere Figuren kampfunfähig, können diese sofort von noch lebenden Mitgliedern geschultert und zur Landezone gebracht werden.
Wo viel Licht ist, vermutet man den Schatten nicht in weiter Ferne. Im Falle von XCOM 2 fällt mir nur eine Sache ein, die ich als negativ ansehe und zwar die Tatsache, dass bis dato keine Konsolenportierung geplant ist. Hoffen wir mal für die werten Konsoleros und Fans wie mich, dass eine Version von XCOM 2 für die Konsolen bei einem sehr wahrscheinlichen Erfolg der PC-Version vielleicht doch nicht ganz ausgeschlossen ist.
XCOM 2 ist ein Fest und ein absolutes Highlight für das noch junge Jahr 2016.